Christus hat durch seine stellvertretende Genugtuung die Menschen losgekauft und versöhnt. Er ist gestorben und auferweckt worden nicht nur für die Prädestinierten, die also Gott von vorneherein für den Himmel bestimmt hatte. Er ist gestorben und auferweckt worden auch nicht bloß für die Gläubigen. Er ist gestorben und auferweckt worden für alle Menschen.
In der Heiligen Schrift und in den Äußerungen der Konzilien wird immer wieder gesagt: Er starb für alle. Er hat sein Leben hingegeben als Lösepreis für alle.
Aber da ist eine wichtige Unterscheidung zu machen, meine lieben Freunde. Mit der Erlösung ist es nicht wie mit einem naturhaften Geschehen. Dem kann sich niemand entziehen. Wenn ein Vulkan ausbricht, dann bricht er eben aus und kommt über alle. So ist es nicht mit der Erlösung.
Die Erlösung gewinnt man nur, wenn man erlöst sein will. Und deswegen hat die Theologie eine ganz wichtige Unterscheidung angebracht. Sie heißt: „Die stellvertretende Genugtuung Christi ist ausreichend für alle, aber sie ist nicht wirksam für alle.“
Die gesamte Menschheit ist objektiv erlöst. Sie ist also fähig, sich die Erlösung Christi anzueignen. Aber nicht jeder eignet sie sich an.
Um sich die Erlösung anzueignen, braucht es den Glauben, braucht es die Erfüllung der Gebote, und wer das nicht tut, wer absichtlich nicht glaubt und die Gebote nicht erfüllt, der ist der Erlösung nicht teilhaftig.
Also gemäß der Hinlänglichkeit ist die Erlösung allgemein, aber hinsichtlich der Wirksamkeit ist sie nicht allgemein. Die Verdammten, die Menschen, die verlorengehen, werden durch Christi Blut, so kostbar es ist, nicht erlöst.
Es gibt die furchtbare Möglichkeit, die Erlösung zu verpassen. Es gibt die furchtbare Möglichkeit, daß das Blut Jesu für Menschen vergeblich geflossen ist.
Aus dieser furchtbaren Möglichkeit ersehen wir, wie dankbar wir sein können, daß Gott uns zu seiner Kirche berufen hat, daß wir in Glaube und Taufe und Sakramenten uns die Erlösung aneignen, daß wir uns bemühen dürfen, seinen Willen zu erfüllen, um die Erlösung auch festzumachen für unser ganzes Leben bis zu unserem hoffentlich seligen Ende.
alles aus der Predigt Stellvertretende Genugtuung Jesu von Prof. Dr.Georg May
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