Montag, 27. Mai 2013

Die Genug­tu­ung als erfor­der­li­che Folge der Buße

von Prälat Georg May

Die Reue schließt den Wil­len zur Genug­tu­ung in sich. Denn wer Abscheu hat gegen die Sünde und sie nicht mehr bege­hen will, der muß auch, soviel an ihm liegt, dar­auf bedacht sein, die schlim­men Wir­kun­gen der Sünde zu besei­ti­gen. Die Sünde selbst ist eine Tat der Ver­gan­gen­heit, sie ist nie mehr unge­sche­hen zu machen. 
Aber die Fol­gen, die Aus­wir­kun­gen, die Kon­se­quen­zen der Sünde kann man häu­fig kor­ri­gie­ren, und das eben ist Auf­gabe der Genug­tu­ung. Die Genug­tu­ung ist die Wie­der­gut­ma­chung eines einem ande­ren zuge­füg­ten Unrechts.

Viele Sün­den sind so gear­tet, daß sie dem Nächs­ten Unrecht zufü­gen. Ich erin­nere bei­spiels­weise an die Eigen­tums­de­likte. Man kann nor­ma­ler­weise mit sei­nen Mit­teln den Scha­den, den man durch Dieb­stahl, Raub, Betrug, Unter­schla­gung ange­rich­tet hat, wie­der­gut­ma­chen. Jeden­falls ist man dazu ver­pflich­tet. Ich habe ein­mal in Mainz erlebt, daß mir jemand in den Beicht­stuhl ein Radio brachte, das er aus dem Kauf­haus ent­wen­det hatte. Das ist Wie­der­gut­ma­chung des einem ande­ren zuge­füg­ten Unrechts. 
Andere Ver­feh­lun­gen sind schwe­rer wie­der­gut­zu­ma­chen. Wie will man bei­spiels­weise die Ver­wüs­tun­gen, wel­che die Ver­füh­rung zum Unglau­ben in den See­len ange­rich­tet hat, wie­der­gut­ma­chen?

Die Kir­che hat frü­her auf stren­ger Wie­der­gut­ma­chung bestan­den. Der Autor eines schlech­ten Buches konnte die Los­spre­chung in der Beichte regel­mä­ßig nur emp­fan­gen, wenn er sich bereit erklärte, nach sei­nem Ver­mö­gen die im Umlauf befind­li­chen schlech­ten Bücher auf­zu­kau­fen. Das konnte eine teuere Ange­le­gen­heit wer­den. Aber so ernst hat die Kir­che die Pflicht zur Wie­der­gut­ma­chung genom­men. Wir sind gehal­ten, Genug­tu­ung zu leis­ten für unsere Sün­den, weil sonst unsere Reue nicht echt und nicht voll­stän­dig ist.

Die Genug­tu­ung rich­tet sich aber nicht nur gegen Men­schen, sie rich­tet sich auch gegen Gott. Die Sünde ist ja zual­ler­erst ein Unrecht gegen Gott. Und auch hier trifft die Defi­ni­tion zu: Wir müs­sen Genug­tu­ung leis­ten, das heißt wir müs­sen ver­su­chen, das Gott zuge­fügte Unrecht wie­der­gut­zu­ma­chen.


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