Mittwoch, 21. November 2012

Mariä Darstellung im Tempel (Mariä Opferung)

Mariä Darstellung im Tempel

Dieses Fest wurde unter dem Namen „Einführung oder Eintritt der Jungfrau Maria in den Tempel," in der morgenländischen Kirche schon im vierten Jahrhundert nach Christi Geburt gefeiert. Vom Morgenlande verpflanzte es sich auch in das Abendland, wo es bereits im Jahre 1375 in Frankreich und Deutschland gefeiert wurde. Es hat aber dieses Fest zum Gegenstand jene lehrreiche Begebenheit, welche uns die heilige Überlieferung erzählt, gemäß welcher die allerseligste Jungfrau sich von ihrer zartesten Kindheit an dem Herrn im Tempel aufgeopfert und ihre Jungfrauschaft ihm geweiht hat.

Es war den Juden von Gott geboten, ihre erstgebornen Knaben in den Tempel zu bringen und dort ihm feierlich aufzuopfern zum Zeichen, daß sie sein auserwähltes Volk und ihm vor allen andern Völkern geweiht und geheiligt seien. Aber viele fromme Juden begnügten sich nicht damit, sondern opferten ihre Kinder auf eine ganz besondere Weise Gott dem Herrn. Diese also geopferten Kinder blieben im Tempel, wohnten neben demselben in besondern Gemächern, und dienten den Priestern und Leviten bei ihren heiligen Amtsverrichtungen. Auch für Mädchen befand sich eine besondere 
Wohnung in den Tempelgebäuden, um dort sich dem Dienste Gottes besonders widmen zu können. 

Noch in zarter Jugend — etwa drei Jahre alt — wurde nun Maria von ihren Eltern, Joachim und Anna, aus göttlicher Eingebung Gott im Tempel dargestellt und Seinen Diensten geweiht, daher in die Zahl der übrigen Jungfräulein aufgenommen, welche zu gleicher Bestimmung sich im Tempel befanden. Der Tag, wo dieses geschah, war ein Freudentag für die allerseligste Jungfrau. Schon lange hatte sie sich nach diesem Tag gesehnt. Sie war ein wunderbares Kind, überaus verständig, voll stillen Ernstes und stammend von Liebe zu Gott. Gott wollte sie ganz angehören, ihm ihr ganzes Leben weihen. — Der heilige Geist wirkte dies alles verborgen in ihrem Herzen. Wohl liebte sie ihre schon betagten Eltern, aber weit mehr noch den Vater im Himmel. Als daher der Tag kam, wo sie das elterliche Haus verlassen sollte, kam es ihr nicht schwer an. Auch ihre Eltern brachten Gott freudig das Opfer, welches sie ihm schon gelobt hatten. — Den weiten Weg nach Jerusalem machte Maria ohne große Beschwerden, die Liebe beflügelte ihre Schritte. Voll himmlischer Wonne stieg sie die Stufen zum Tempel hinauf, um dort vor Gottes Angesicht das wohlgefälligste Opfer darzubringen, welches je im Tempel dargebracht wurde.

 — O christliche Seele, wenn dich Gott antreibt, irgend ein Werk aus Liebe zu ihm zu verrichten, oder in dir das heilige Verlangen rege macht, diese eitle Welt zu verlassen und dich seinem Dienste zu weihen, dann zaudere nicht lange. Ruft dich Gott, dann folge seinem Rufe schnell und freudig wie Maria, deine Mutter und dein Vorbild. Bringe Gott das Opfer, er wird's dir hundertfältig lohnen! 


alles aus: Legende von den lieben Heiligen Gottes. Nach den besten Quellen bearbeitet und herausgegeben. Stadtpfr. Georg Ott, mit oberhirtlicher Gutheißung, Verlag F. Pustet, 1858



aus: Johannes von Damaskus († 750) -
Genaue Darlegung des orthodoxen Glaubens (Expositio fidei)
Viertes Buch

XIV. KAPITEL.
Vom Geschlechtsregister des Herrn und von der heiligen Gottesgebärerin.


Joachim nun nahm die ehr- und lobwürdige Anna zur Ehe11 . Aber wie die frühere Anna durch Gebet und Verheißung den Samuel geboren, da sie unfruchtbar war12 , so empfängt auch diese durch Flehen und Verheißung von Gott die Gottesgebärerin, damit sie auch hierin keiner der berühmten [Frauen] nachstehe13 . Es gebiert also die Gnade [denn das heißt Anna] die Herrin [denn das bedeutet der Name Maria]14 . Sie ist wirklich Herrin aller Geschöpfe geworden, da sie Mutter des Schöpfers wurde. Sie wird geboren im Hause Joachims am Schaftore15 und dem Heiligtum zugeführt. Sodann im Hause Gottes gepflanzt16 und befruchtet durch den Geist, wurde sie, "wie ein fruchttragender Ölbaum"17 , eine Herberge jeglicher Tugend, sie hielt von jeder weltlichen und fleischlichen Begier den Geist fern und bewahrte so die Seele samt dem Leibe jungfräulich, wie es sich für die ziemte, die Gott in ihrem Schoße aufnehmen sollte. Denn er, der Heilige, ruht in Heiligen18 . So also geht sie der Heiligung nach und erweist sich als heiliger und wunderbarer, "des allerhöchsten Gottes"19 würdiger Tempel.
11: Die erste Nachricht, daß Joachim und Anna die Eltern Marias waren, enthält das apokryphe Protevangelium Jacobi [2. Jahrhundert], das von der Geburt Mariens, ihren Tugenden als Tempeljungfrau, ihrer Ehe, der jungfräulichen Gehurt Christi und der Ermordung des Zacharias handelt
12: 1 Kön. 1, 10 f. 20
13: Vgl. Greg. Nyss. Orat in diem natalem Christi [Migne, P. gr. 46, 1137 D—1140 A]. Bardenhewer [Patrologie3, Freib. 1910, S. 262] urteilt: „Die Weihnachtspredigt dürfte alten und neuen Zweifeln zum Trotz als echt zu betrachten sein.''
14: Über die verschiedenen, mehr als sechzig existierenden Deutungen des Wortes Maria [Mirjam] siehe Bardenhewer, Bibl. Studien I 1 [1895]. Zeitschrift f. kath. Theologie 1906, 356 ff. Herrin bedeutet es bei Ableitung aus dem Syrischen
15: ἠ προβατικἠ [sc. πύλη]. Tor in der nördlichen Stadtmauer in Jerusalem, dem Tempel zunächst gelegen. Durch dieses führte man das Vieh zum Schlachten in den Tempel. 2 Esdr. 3,1. 31; 12, 38
16: Vgl. Ps. 91, 14
17: Ebd. 51, 10
18: Is. 57, 15; 1 Clem. ad Cor. 59, 3
19: Gen. 14, 18; Ps. 56, 3; Mark. 5, 7; Luk. 8, 28; Apg. 16, 17; Hebr. 7, 1



http://www.unifr.ch/bkv/kapitel1691-13.htm-joachim%C2%A3%C2%A3%C2%A3%C2%A3anna
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