Aus: Gregor der Grosse († 604) - Vier Bücher Dialoge (Dialogi de vita et miraculis patrum Italicorum)
Viertes Buch
Gregorius. Kühn behaupte ich, daß auch ein Ungläubiger nicht ohne Glauben lebt. Denn wollte ich einen solchen Ungläubigen fragen, wer sein Vater und wer seine Mutter gewesen ist, so wird er sofort sagen: dieser und jene.
Wenn ich ihn dann weiter fragen würde, ob er das bei seiner Empfängnis erfahren oder bei seiner Geburt gesehen habe, so wird er eingestehen müssen, daß er nichts davon erfahren und gesehen habe; und dennoch glaubt er, was er nicht gesehen hat. Denn ohne Bedenken bezeugt er, jenen Vater und jene Mutter gehabt zu haben.
Petrus. Ich gestehe, bisher habe ich nicht gewußt, daß der Ungläubige auch etwas glaubt.
Gregorius. Auch die Ungläubigen haben einen Glauben, aber möchte es doch ein Glaube an Gott sein! Allerdings wären sie, wenn sie diesen hätten, keine Ungläubigen mehr.
Aber mit solchen Gründen muß man sie ihrer Verkehrtheit überführen, mit solchen Gründen muß man sie zur Gnade des Glaubens rufen; denn wenn sie in bezug auf ihren sichtbaren Körper etwas glauben, was sie nicht gesehen haben, warum sollen sie nicht an das Unsichtbare glauben, das leiblich überhaupt nicht gesehen werden kann?