Freitag, 15. März 2013

Wie - in welcher Gesinnung - man Almosen geben soll

Bei den guten Werken, welche du, christliche Seele, verrichtest, bei den frommen Übungen, die du vornimmst, kommt es hauptsächlich auf das kleine Wörtlein „Wie" an, das heißt, es kommt darauf an, wie du dich dabei benimmst, welche Absicht, welche Gesinnung und Meinung du dabei hast. 
Soll irgend ein Werk, eine Übung gut, d. h. Gott wohlgefällig und daher auch verdienstlich sein, so musst du im Stande der heiligmachenden Gnade Gottes dich befinden und keine andere Absicht oder Meinung dabei haben als die Ehre und das Wohlgefallen Gottes. 

Dies gilt nun besonders beim Almosengeben. Hier kommt es nicht darauf an, wie viel du gibst. Christus hat die arme Witwe, welche nur einen Pfenning in den Opferkasten gelegt, dennoch sehr gelobt: dagegen die Pharisäer, welche große Taler hineingeworfen, scharf getadelt. 
Christus lobt die arme Witwe vor den Pharisäern
Die Witwe hat ihren Pfenning in bester Meinung aus Liebe zu Gott hergegeben, dagegen die Pharisäer nur aus Hochmut, um von den Menschen gelobt zu werden. - 
Diese gute Meinung hatte auch bei ihrem Almosengeben die fromme Kaiserin Mathildis; sie sah in jedem Armen und Kranken Jesum Christum und aus Liebe zu Ihm tat sie ihnen Gutes, wo sie nur konnte. 

Die hl. Mathildis wartete aber nicht, bis die Armen zu ihr kamen und eine Gabe verlangten, sie selbst suchte die Armen und Kranken auf; sie selbst ging in ihre Wohnungen und fragte sie mit aller Freundlichkeit um ihre Anliegen, und hörte geduldig ihre Klagen. Und diese Freundlichkeit, diese Güte der hohen Frau tat den Armen und Kranken so wohl, daß sie dabei ihr Elend ganz vergaffen. 

Sieh, christliche Seele, so sollst du es auch machen, wenn du barmherzig sein willst. Die Armut tut ohnehin schon wehe, aber doppelt wehe tut sie, weil sie oft kein wahres Mitleid findet. — In unserer Zeit sind die Armen gegen die Reichen und Vermögenden gar sehr erbittert, weil sie oft so verachtet, so unfreundlich und hart
behandelt werden. 
Sei also freundlich und gütig gegen die Armen, begleite dein Almosen immer mit guten Worten und die Armen werden dich lieben und Gottes Segen auf dich herabrufen. Warte auch nicht, bis ein Bettler an deine Türe klopft oder dich um eine Gabe anspricht. Suche die Armen auf. 

Es gibt viele, welche sich des Bettelns schämen und lieber bittere Not leiden, als sich Jemandem entdecken. Diese verschämten Hausarmen sollst  du aufsuchen, du kannst sie schon finden, wenn du willst, und mit aller Freundlichkeit unterstützen. O welch ein
gutes Werk wäre dieses!! 
Aber noch etwas! Gar manche Arme haben wunde, schwarze Flecken an der Seele, d. h. sie liegen in Sünden und Lastern gleichsam begraben; sie kennen Gott nicht und wollen von ihm nichts wissen, da sollst du trachten, auch ihrer Seelennot abzuhelfen, wie dies auch die Kaiserin Mathildis getan. 

Sie mahnte sie recht herzlich zur Besserung ihres Lebens, zur Ergebung in Gottes Willen und ihre guten Worte fanden gar oft Eingang und brachten die besten Früchte. Mache es auch so, christliche Seele, und jede Träne, die du trocknest, jede Wunde, die du heilst, jeder Trost, den du bringst, wird dir zu einer Staffel in den Himmel werden.
Gebet. Göttlicher Heiland, der du die Armen und Kranken so lieb gehabt, teile auch mir von deiner Liebe mit und hilf mir, dass ich recht freundlich und gütig mit den Armen umgehe und ihrer Not abhelfe, soviel in meinen Kräften liegt, damit ich dir gefalle und am Tage des Gerichtes Barmherzigkeit erlange. Amen.

alles aus: Legende von den lieben Heiligen Gottes. Nach den besten Quellen bearbeitet und herausgegeben. Stadtpfr. Georg Ott, mit oberhirtlicher Gutheißung, Verlag F. Pustet, 1858 


Predigtreihe: Werke der Barmherzigkeit


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