Jesus im Limbus
Domenico Beccafumi
Das Licht der Welt erscheint als Sieger über Tod und Teufel in der Unterwelt.
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Das erklärt uns folgendes Dogma:
Nach seinem Tode stieg Christus mit der vom Leib getrennten Seele in die Unterwelt hinab. De fide.
Die Unterwelt ist der Aufenthaltsort der Seelen der Gerechten der vorchristlichen Zeit, die sogenannte Vorhölle (limbus Patrum).
Dogma und Erklärung aus § 12. Die Höllenfahrt Christi: Ludwig Ott, Grundriss der katholischen Dogmatik, 6. Auflage, Herder 1963, S. 230 ff.
Beim Beten des Credo macht man sich oft nicht so recht klar, das Jesus Christus gleich nach seinem Tod am Kreuz zu den Gerechten des alten Bundes in die Vorhölle, bzw. wie Kardinal Faulhaber meinte, was besser mit in den Vorhimmel übersetzt werden müsste (von hebräisch Scheol), hinabgestiegen, wo sie alle, häufig seit Jahrtausenden, auf „ das Licht der Welt“ warteten, denn auch die Gerechten des alten Bundes konnten nicht in den Himmel kommen, denn der war durch die Erbsünde verschlossen.
Kardinal Faulhaber sagte in einer Predigt über diesen Glaubensartikel folgendes:
"Ihr betet oft den 5. Glaubensartikel: "Abgestiegen zu der Hölle, am dritten Tage wieder auferstanden von den Toten." Zwischen diesem schmerzhaften Geheimnis des 4. Glaubensartikels vom Leiden und Sterben Christi und von der Auferstehung Christi liegt die halb schmerzhafte, halb glorreiche, geheimnisvolle Tatsache: Abgestiegen zu der Hölle.
Wie das Leiden und Sterben Christi ein wirkliches Leiden, ein wirkliches Sterben war, so war auch dieses Geheimnis zwischen Sterben und Auferstehen, das Hinabsteigen zu der Hölle, eine wirkliche Tatsache, kein Traumbild.
Jesus gab seinen Geist auf (Luk. 23,46), und während die Sonne weiter ihr Angesicht verhüllte, während die Erde bebte, und die Gräber der Toten sich öffneten, während der entseelte Leib am Kreuze hing und dann in das Felsengrab getragen wurde, stieg die Seele Christi in die Vorhölle hinab zu den Seelen der verstorbenen Gerechten. Das ist und im I. Petrusbrief als Glaubenstatsache geoffenbart: "Getötet dem Leibe nach ..., mit der Seele ging er hin und predigte den Seelen im Gefängnis."
Der Ausdruck "Hölle" im Glaubensartikel bezeichnet an dieser Stelle nicht die Hölle der Verdammten. Den Verdammten in der Hölle wird nicht mehr gepredigt.
Der Ausdruck "Hölle" ist an dieser Stelle die unglückliche Übersetzung des hebräischen Wortes Scheol und soll den Ort bezeichnen, wo de Seelen der bis zum Tode Christi verstorbenen Gerechten in brennender Sehnsucht warten mussten, bis die Erlösung vollbracht und der Himmel wieder aufgeschlossen war.
Die "Hölle" des 5. Glaubensartikels ist also etwas Ähnliches wie das Fegfeuer der nachchristlichen Zeit, ein Warteraum und ein Vorraum des Himmels und wäre besser mit dem Wort Vorhimmel statt Vorhölle zu übersetzen.
(...)
Die Seele Christi, von ihrem Leibe getrennt, mit der Gottheit unzertrennlich verbunden, schwebt in Begleitung von Engelchören in das Totenreich hinab, wo das "Geschlecht der Gottsucher" wohnt (...) und der Heer der Heerscharen hält seinen Einzug (Ps. 23, 6-10).
Da leuchtet im dunklen Kerker ein Licht auf und eine Stimme spricht: "Ich bin es, fürchtet euch nicht" (Joh. 6,20)! "Erhebt euer Haupt, es naht eure Erlösung (Luk. 21, 28). Dann rauscht ein Jubelchor durch jenes Reich der Trauer: "Gesegnet sei, der da kommt im Namen des Herrn" (Matth. 21, 9)! Willkommen, du "Sehnsucht der uralten Hügel" (Gen. 49,26), "von allen Völkern ersehnt" (Apg. 2,8).
Droben auf der Erde ragt noch das Kreuz als Zeichen der Schande, hier in der Unterwelt reifen bereits die Früchte der Kreuzes. Droben ist die Sonne noch verfinstert, hier unten ist Sonnenaufgang. Droben hört man noch die Klage des Karfreitags, hier unten wird bereits das österliche Alleluja angestimmt.
Wir wissen, wozu der Heiland zu den Toten hinabgestiegen ist. Um ihnen die Frohbotschaft zu bringe: "Es ist vollbracht, ihr seid erlöst." Nicht zu den Engeln im Himmel schwebte die Seele Christi zuerst, sondern zu den Armen Seelen der Unterwelt.
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