Sonntag, 17. März 2013

Wer stirbt am leichtesten?

Die heilige Gertrudis (von Nivelles) ist nicht die einzige unter den Heiligen, welche sich vor dem Tode gefürchtet haben.
Wie diese hat sie sich auch nach der Auflösung gesehnt; sie wollte bei Christus sein und mit ihm vereinigt werden; sie bereitete sich deshalb auch mit aller Sorgfalt auf den Augenblick des Todes vor und doch fürchtete sie sich vor diesem schrecklichen Augenblicke! Warum aber?

Für's Erste: weil auch sie die menschliche Natur an sich hatte, die für den Tod nicht geschaffen ist, aber in Folge der ersten Sünde dem Gesetze des Todes unterliegt. 

Der Tod besteht aber in der Trennung der Seele von dem Leibe; diese Trennung ist gewaltsam; das Leben ringt und kämpft mit der finstern Gewalt des Todes und dies kann ohne Angst und Furcht nicht geschehen. Darum werden alle Menschen vor ihrem Tode von Angst ergriffen, selbst Christus, der Herr, duldete die Todesangst.

Für's Zweite: weil mit dem Tode nicht alles ein Ende hat, und darauf, wie der Apostel sagt, das Gericht folgt

Wer ist aber so rein und heilig, daß er dieses Gericht nicht fürchtet, in welchem selbst die Gedanken gerichtet, alle, auch die guten Werke genau abgewogen, selbst jedes unnütze Wort zur Rechenschaft gezogen wird?!

Für's Dritte: weil der letzte Augenblick des Lebens über die ganze glückselige oder unglückselige Ewigkeit entscheidet. Wie der Baum fällt, so bleibt er liegen; mit welcher Gesinnung der Mensch stirbt, mit der geht er in die Ewigkeit hinüber. 

Im letzten Augenblicke aber wendet die Hölle alle Macht an, selbst die gute Gesinnung der Heiligen zu ändern und von Gott abwendig zu machen.
Wer soll da nicht zittern und beben!!

Für's Vierte werden die Heiligen, welche sich nach dem Tod sehnen und ihn wie einen Boten Gottes betrachten, der sie aus diesem Jammertale in die Wohnungen des Friedens abholt, dennoch von Angst in der Todes
stunde befallen, damit sie hiedurch vollständig gereinigt werden. Die Todesangst ist für sie das Fegfeuer, das sie vor ihrem Hintritte noch dulden müssen.

Wenn nun die Heiligen, deren Wandel doch im Himmel war, den Tod fürchteten, wie wird es dir, christliche Seele, ergehen? Wenn das am grünen Holz geschieht, was wird mit dem dürren geschehen?

Besinne dich hier ein wenig und frage dich: Wenn ich jetzt sterben müsste, wie wäre wohl mein Tod beschaffen? Könnte ich getrost sterben?

Nicht wahr, es ängstigt dich diese Frage, das Sterben kommt dir schrecklich vor! Und doch wäre es nicht so hart, so bitter, so schrecklich, wenn du tun würdest, was ich dir jetzt rate.

Mache dich erstens mit dem Tod recht vertraut; schaue ihm recht scharf und bedächtig ins Gesicht, das heißt, denke oft an ihn, stelle dir das Sterbebett, das Grab oft vor; auch das Schrecklichste verliert durch oftmaliges Betrachten seine Schrecken.

Zweitens übe dich im Sterben. Ein frommer Geistesmann hat gesagt: „Wer zuvor stirbt, ehe er stirbt, der darf nicht sterben, wann er stirbt;" das heißt, sterbe dir selbst und der Welt zuerst ab, dann wird der Tod nicht so bitter sein. 

Die Reichen, deren Herz mit dem Geldsack verwachsen ist; die Weltmenschen, deren Herz und Seele ganz in die fleischlichen Lüste verstrickt sind; die Ehrgeizigen, die nur Sinn für Ansehen, Glanz und Pracht haben, kurz jene Menschen, welche von Augenlust, Fleischeslust und Hoffart des Lebens wie besessen sind, die müssen auch am härtesten sterben. 
Was sie lieben, woran ihr ganzes Herz hangt, das raubt ihnen ja der unerbittliche Tod. 

Daher das Weheklagen dieser Menschen, wenn sie merken, dass es zur Abfahrt geht. Man darf ihnen vom Sterben kein Wörtlein sagen, auch wenn ihnen der Tod schon auf der Zunge sitzt;... die Seele will nicht weg vom Leib, mit dem sie der Lust gepflegt; sie will nicht verlassen die Welt, in der sie sich so wohl befunden; sie kann sich nicht erheben zu ihrem Schöpfer und seiner Herrlichkeit, denn eine. zentnerschwere Last hält sie nieder, die eitlen Güter und Freuden der Erde! 
Und doch muß sie fort, muß alles verlassen, muß allein vor Gottes Gericht. O wie hart ist ein solcher Tod! 

Stirb also zuerst, christliche Seele, hänge dein Herz nicht an die Güter und Freuden der Erde; töte dich ab, zerreiße die Stricke, die dich an diese Welt fesseln. Bedenke nur, dass du nackt in die Welt gekommen, und nackt wieder fortgehst!

Drittens: Lebe so, dass du jeden Augenblick sterben und vor Gottes Gericht erscheinen kannst. Meide die Sünde, denn diese macht den Tod so schrecklich. Der Tod der Sünder ist überaus böse, sagt die heilige Schrift.

Viertens: Mache dir gute Freunde, die dich bei deiner Abfahrt trösten und in die ewigen Wohnungen
aufnehmen. Ein solch guter Freund ist besonders das 
Almosen, sind alle leiblichen und geistlichen Werke der Barmherzigkeit.

Fünftens: Schaue dich im Leben um Beiständer um, die dir im Todeskampfe helfen und dich verteidigen. Ein sehr guter, bewährter Advokat im Tode ist die liebe Frau, Maria; der heilige Joseph, der heilige Schutzengel; .. bitte sie alle Tage um ihre Hilfe.

Sechstens: Empfange öfters die heiligen Sakramente der Buße und des Altars und zwar immer so, als wenn es zum letzten Male wäre; und endlich

Siebtens: erwecke in dir recht oft ein heißes Verlangen nach dem Himmel, nach der Anschauung Gottes. Wenn du das alles tust, dann wird der Tod dir wie ein guter Freund, wie ein guter Bote erscheinen, der dich in die wahre Heimat heimholt, du wirst mit einem Worte auf solche Weise am leichtesten sterben.
Besinne dich,... sterben mußt du einmal,... was willst du tun?

Gebet. O mein Gott, du hast mir gesetzt, dass ich einmal sterbe, das ist gewiß; ungewiß aber wann und wo ich sterbe; gib mir die Gnade, dass ich gut sterbe; denn sieh, ich will alle Mittel anwenden, um auf den Augenblick meines Todes vorbereitet zu sein. O Maria, meine liebe Mutter, bitte für mich jetzt und in der Stunde meines Todes. Amen.
alles inklusive Überschrift aus: Legende von den lieben Heiligen Gottes. Nach den besten Quellen bearbeitet und herausgegeben. Stadtpfr. Georg Ott, mit oberhirtlicher Gutheißung, Verlag F. Pustet, 1858 


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