Freitag, 11. Juli 2014

Sittenlehre vom Tode

Wenn in einem Kerker einige hundert Menschen eingesperrt wären, über welche das Todesurteil ergangen ist, von denen jedoch keinem der Tag oder die Stunde seines Todes bekannt wäre, indessen einer nach dem anderen, und oft gerade der, von dem man es am wenigstens vermutet, zum Tode herausgeholt würde; würde da nicht jedem das Herz zittern, so oft sich die Tür des Kerkers öffnete?


Nun ist über uns alle das unveränderliche Todesurteil gefällt, wir sind alle in unseren Leibern wie in Kerkern eingeschlossen (Ps. 141,8), es wird einer nach dem anderen zum Tode hinausgeführt, und dennoch stört man sich nicht im Geringsten daran! 
Man lebt so fort, als hätte man ewig zu leben; man ist bloß auf den Leib bedacht; bloß für diesen häuft man Güter auf; für die Seele aber geschieht nichts, als dass man sie mit Sünden und Lastern belädt.

Ist dieses wohl vernünftig gehandelt? Der Leib wird eine Speise der Würmer werden
(Anmerk.: heutzutage allzu oft sogar bei Katholiken Opfer des Feuer bei der „Feuerbestattung“.); die Seele aber wird in die Ewigkeit wandern, wo sie bloß von den auf der Welt erworbenen Verdiensten wird leben müssen. 
Wer möchte also so töricht und vermessen sein, dass er zeitlebens nur für seinen Leib sorgte, die Seele aber außer Acht ließe?

O Mensch, sagt der heil. Franz von Sales (Philothea, T.1, K 13), bedenke doch, dass bei deinem Tode die Welt für dich enden wird. Die Ehren, Wollüste und Reichtümer, die du auf ihr genossen, werden alsdann wie Schattenbilder, wie Rauch verschwinden und dir nichts zurücklassen als die späte Reue, dass du ihnen so begierig nachgetrachtet und darüber deine Seelengeschäfte und dein ewiges Heil vernachlässigt hast.

Alsdann wirst du erkennen, dass du Gott um ein Nichts beleidigt hast; alsdann wirst du die Andacht, die Buße und die guten Werke, die du zeitlebens vernachlässigt hast, schätzen lernen und danach verlangen, alsdann werden deine Sünden, die du sonst gar nicht beachtet hast, wie große Berge vorkommen.

Wie wird es dann wohl in deiner Seele sein, wenn sie von ihrem so töricht geliebten Leibe scheiden, alle eitlen Ergötzlichkeiten, Gesellschaften, Freunde, usw. verlassen und ganz allein in das unbekannten, schreckliche und fürchterliche Land der Ewigkeit reisen muss, wo sie nicht weiß, wie es ihr ergehen wird; wo sie keine Freunde, die sie in die himmlischen Wohnungen aufnähmen (Luk. 16,8), antreffen wird, weil sie während ihres Erdenlebens versäumt hat, sich solche Freunde zu erwerben, dagegen an Gott, Den sie sich zeitlebens zum Feind gemacht hat, einen unerbittlich strengen Richter, an den Engeln und Heiligen aber, ja sogar an den Teufeln furchtbare Ankläger finden wird. 
Wie! Schaudert dich nicht bei dem Gedanken?

Weißt du aber, was du tun musst, dass dieser schreckliche Augenblick nicht so fürchterlich sein möge? 
Lebe jetzt so, dass du dich vor dem Sterben nicht zu fürchten brauchst. Tu das bei Lebzeiten, was du im Tode wünschen wirst getan zu haben. 
Stirb mit dem heiligen Apostel Paulus täglich, indem du dein Fleisch samt seinen Lüsten und Begierden kreuzigst und dein Herz von der Welt, ihren Gütern und Eitelkeiten freiwillig losreißt, ehe dies der Tod in gewaltsamer Weise tun wird, dadurch wirst du nicht schon jetzt vor großer Todesfurcht bewahrt werden, sondern es wird dich dereinst auch das Sterben selbst nicht so schwer ankommen. 
Mit anderen Worten: fürchte die Sünde, dann brauchst du Tod, Gericht und Hölle nicht zu fürchten.


Anmutung. O Welt! Weil ich die Stunde nicht wissen kann, in welcher ich dich verlassen muss, so will ich dir auch nicht an dir hängen. Auch meine Freunde und Angehörigen will ich künftig nicht anders, als mit einer heiligen auf Gott gerichteten Liebe und Zuneigung lieben, welche durch den Tod nicht aufhören, sondern wie 
Gott ewig dauern soll.
Ich will mich vorbereiten und alle Sorge anwenden, um glücklich in die Ewigkeit hinüberzugehen, ich will alle meine Sünden aufrichtig bereuen, und will mein ganzes Leben hindurch Buße tun und Gott, mein höchstes Gut, durch keine, auch nicht die geringste Sünde mehr beleidigen. 

Du aber, o Herr! nimm mich in deinen Schutz an jedem furchtbaren Tage, lass mir doch die Todesstunde sanft und selig und lieber alle anderen Stunden meines Lebens traurig und leidvoll sein! Ich bitte dich durch Dein heiliges Leiden und Sterben und alle Qualen, die Du bei Deinem Tode erduldet hast, bewahre mich vor den Qualen der Hölle und lass meine Seele nicht ewig verloren sein! 
Sei und bleibe mein Heiland und mein Erlöser! Amen.

Quelle: alles aus einem hundertfünfzig Jahre alten Goffine


Von den Letzten Dingen




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